Moderne Organisationsentwicklung: Was kommt nach agilen Teams?

Dass Selbstreflexion wichtig ist, ist nicht neu, vor allem nicht für agile Organisationen wie unsere. Dass nach der Ursachenforschung auch konkrete Maßnahmen erfolgen, um erkannte Herausforderungen zu lösen, ist der logische nächste Schritt. Und was wir in unserem individuellen Fall unternehmen, um mit starkem Wachstum, Entscheidungen und Partizipation möglichst nachhaltig umzugehen, wollen wir offen dokumentieren – unter anderem in "Echt jetzt? Seibert Media denkt Agilität neu", dem neuen Podcast von Jo, Sarah und Ralf. Unten ist die Pilotfolge zu hören.

Jo Seibert und Sarah Boost füllen bei uns die Rolle von Agile Coaches aus. Gemeinsam mit dem externen Organisationsentwickler Ralf Janssen von Kompano beleuchten sie unsere Ist-Situation und Wege, die uns hier herausführen können.

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Für alle, die nicht nur zuhören, sondern lesen wollen: Hier findet ihr eine komplette Transkription des Podcasts.

Die Erkenntnis: Nur agil reicht nicht

Die Ausgangssituation bei Seibert Media fasst Jo so zusammen: "Es ist Usus bei uns, dass Teams agil arbeiten." Allerdings hat sich in den letzten Jahren doch einiges entscheidend verändert: So sind heute nicht mehr "nur" 80, sondern fast 200 Menschen im Unternehmen, und da stößt das Prinzip der Agilität auf Teamebene an seine Grenzen. Die Erfahrung zeigt: 200 Leute lassen sich so nicht mehr übergreifend koordinieren und Entscheidungen, die Auswirkungen auf das ganze Unternehmen haben, sind immer schwieriger zu treffen.

Schon länger zeichnet sich ab, dass nicht klar ist, wer eigentlich über etwas entscheiden soll, darf, kann oder muss. Der Versuch, Frameworks wie Scrum oder SAFe auf die Unternehmensebene anzupassen, hat sich als nicht so zielführend wie erhofft erwiesen. Auch die Rolle der Geschäftsführung wird diskutiert.

Hier stehen wir vor einer Gemengelage, in der einerseits eine "Phobie vor Strukturen" (Sarah) zu beobachten ist und in der andererseits verstärkt "Tabu-Wörter wie Macht, Hierarchie, Formalismus" (Jo) fallen. Sarahs Zwischenfazit:

"Aktuell sind bei uns übergreifende Strukturen für die Unternehmensebene, analog zu SAFe auf der Produktebene, nicht vorhanden. Und das ist ein Problem, das gelöst werden muss."

Nur wie? Was muss sich ändern? Wie gehen wir vor auf der Suche nach der langfristigen Strategie, der Vision des Unternehmens, den richtigen Ansprechpartnern und den Spielräumen in unserer Organisationsentwicklung? Kurz: Was tun?

Der Weg zur Lösung: Schließen Partizipation und Entscheidungen sich aus?

Partizipation ist bei uns seit jeher das Mittel der Wahl. Doch der Versuch eines großen Workshops mit Kolleginnen und Kollegen aus allen Aufgabenbereichen und dazu den Gesellschaftern des Unternehmens brachte die Erkenntnis, dass sich manche Themen in einem großen Plenum schlicht nicht klären lassen.

Hier zeigte sich auch der Kern eines Problems, denn bis dato werden Entscheidungen bei uns oft im sogenannten Konsent getroffen. Dabei wird nicht nach Zustimmung gefragt, sondern vielmehr danach, ob es ein tragfähiges Argument dagegen gibt. Erst, wenn das nicht oder nicht mehr der Fall ist, gilt ein Vorschlag als angenommen. Aber bei unserer Unternehmensgröße führt dieser Ansatz nun immer seltener zum Ziel.

Ein Beispiel dafür sind notwendige Abstimmungsprozesse über mehrere Teams hinweg, die man nicht mehr "irgendwie" abbilden kann. Auch der Wandel vom Dienstleistungs- zum Produktanbieter, das angesprochene Mitarbeiterwachstum und nicht zuletzt die Ergebnisse unserer Company-Happiness-Umfrage haben deutlich gemacht, dass einige gewohnte Methoden keine zufriedenstellenden Antworten mehr bieten.

Und während manche Leute sich deutlichere Strukturen und definierte Entscheidungsträger wünschen, befürchten andere, dass wir immer mehr Konzernstrukturen einführen – ein Spannungsfeld, das schnell und transparent aufgelöst werden muss und bei dem alle bei der Entwicklung von Lösungsansätzen mitwirken können und sollen.

Auf der Suche nach einem Ausweg aus dem Dilemma stießen Sarah und Jo auf Ralf und das Modell der kollegialen Führung.

Entscheidungen leichter treffen: Was ist kollegiale Führung?

Kollegiale Führung, entwickelt von Bernd Oestereich und Claudia Schröder, verbindet agile Methoden und Praktiken mit modernisierten soziokratischen Entscheidungsformen. Denn gerade der Punkt der Entscheidungsfindung, der bei uns derzeit so intensiv in der Diskussion ist, kommt in agilen Frameworks oft zu kurz.

Bei kollegialer Führung basieren Entscheidungen darauf, dass nach Einwänden und Widerständen gefragt wird, also: Wie hoch ist der Widerstand gegen etwas? Hat jemand einen Einwand gegen diese Entscheidung? Kommt ein qualifizierter Einwand, macht er die Entscheidung besser, legt aber nicht den gesamten Entscheidungsprozess lahm.

Anders als Scrum und SAFe, die auf die Produktentwicklung abzielen, ist kollegiale Führung für soziale Systeme angelegt. Dennoch fließt das agile Mindset mit ein. Ralf sagt:

"Kollegiale Führung steht für eine gesamte Organisation unter agilen Gesichtspunkten und mit partizipativen Entscheidungen. Partizipative Entscheidungen heißt nicht, dass wir ständig im Kreis sitzen und alles gemeinsam entscheiden, sondern es heißt vor allem verteilte Führung, also auch Vertrauen zu entwickeln, Menschen selbst Führung übernehmen zu lassen für Themen."

Daraus folgt: Es geht darum, den anderen Entscheidungen zuzumuten – und zuzutrauen.

Kollegiale Führung sollte aber nicht als Dogma missverstanden werden. Vielmehr handelt es sich um ein Framework mit einer dahinterliegenden Kreis-Logik, das auf dem Modell der Pfirsich-Organisation aufbaut. Hauptentscheidende sind die Personen, die mit dem Kunden draußen in Kontakt sind. Für eine gute interne Orga können Kreise gebildet werden. Themen wie "Wo entsteht eigentlich eine Strategie?", "Wer übernimmt welche Geschäftsführungsaufgaben?" und "Wie kommen sie in unsere Organisation?" sind in solchen Kreisen gut aufgehoben. Jo findet:

"Was uns noch fehlt, ist, ein paar Dinge formell zu regeln. Es klingt so, als könnte die kollegiale Führung uns dabei helfen."

Von Veränderungen und wie man sie angeht

Unser Ziel angesichts eines absehbaren weiteren Wachstums ist daher klar: Wir wollen eine Basis schaffen, damit die einzelnen Bereiche weiter gut, autark und selbstbestimmt arbeiten können. Dazu gehört auch, dass alle Teams wissen, was sie entscheiden können und was nicht, wo Abstimmung notwendig ist und wo nicht. Die fehlenden Grundlagen sind, ebenso wie die Frage nach der Unternehmensstrategie und wer diese definiert, die Hausaufgaben für Geschäftsführung und Gesellschafter.

Parallel wollen wir alle im Unternehmen dafür sensibilisieren, vor welchen Herausforderungen und Problemen wir gerade stehen und was im Zuge dessen noch passiert: über interne Blog-Artikel, unseren neuen formellen Flurfunk "Hart, aber Flur" und auch über diesen Podcast. Darin sagt Sarah:

"Wir wollen weder ins Chaos wachsen noch in eine Konzernstruktur abgleiten. Deshalb müssen wir jetzt eine Basis schaffen, um gut weiter wachsen zu können."

Der Podcast "Echt jetzt?" wird den Prozess monatlich begleiten. Zudem sind Feedback und eigene Erfahrungen aus anderen Unternehmen jederzeit herzlich willkommen. Stay tuned bis zur nächsten Folge (Episode 1), in der die ersten Schritte zur "neuen Ordnung" bei Seibert Media konkret werden!

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Weiterführende Infos

Bring your Whole Self to Work: Chancen und Grenzen. Zwei Superkräfte bei Seibert Media im Gespräch
Common Leadership: Wo wir beim Thema "agile Führung" unsere Akzente setzen
Extreme Agile Leadership: Kooperative Führung in einer agilen Organisation


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