Logo-Entwicklung ist ein sehr individueller Prozess, der von vielen Faktoren und Anforderungen abhängt. Wann ist ein Firmenlogo nun gut und was soll es leisten? Wie wichtig ist der häufig beschworene Zeitgeist? Warum kann es für Logo-Entwicklung keine Standardpreise geben? Und weshalb sind unterschiedliche Anforderungen an ein Logo völlig legitim? Ein Interview mit Claudia Delang, Art Director bei //SEIBERT/MEDIA/DESIGN.
Claudia, viele Kunden denken vielleicht über ihr Logo nach, wissen aber nicht genau, welche Anforderungen an ein gutes Logo zu stellen sind. Manch einer fragt sich vielleicht auch: Ich habe hier zwar einen Schriftzug, aber ist das überhaupt ein Logo und bringt mich das weiter? Was macht denn ein gutes Unternehmenslogo grundsätzlich aus?
Zunächstmal gibt es ja unterschiedliche Logos. Es gibt reine Wortmarken, reine Bildmarken und Kombinationen aus beidem. Wenn ich als Unternehmen etwas habe, das in irgendeiner Form gestaltet ist, dann habe ich auch ein Logo bzw. zumindest den Ansatz eines Logos. Ob ein bestehendes Zeichen gut oder schlecht ist, kann ich anhand verschiedener Kriterien analysieren.
Dazu schaut man sich das Logo genau an und stellt sich erstmal folgende Fragen:
Erstens: Woraus besteht das Logo? Dazu muss man es in seine Bestandteile zerlegen. Welche Formen gibt es? Sind das zum Beispiel geometrische Formen, figürliche Abbildungen wie Tiere, Pflanzen oder Gegenstände?
Zweitens: Was ist die inhaltliche Aussage? Was steht im Firmennamen? Ein Wort, eine Abkürzung oder eine Zahl? Was sagt das Zeichen objektiv aus?
Tiefgründiger sind dann die Fragen: Welche Wirkung hat es auf mich? Welche Assoziationen weckt es? Das sollten keine falschen sein, sondern es sollte eine Übereinstimmung zwischen Logo und Produkt bzw. Unternehmen geben. Dazu muss ich natürlich wissen, worin die Leistung des Unternehmens besteht und welche Besonderheiten es ausmachen. Das Logo sollte eine Aussage transportieren, die dann mit dem Unternehmen verknüpft wird.
Ein Logo soll etwas bewirken?
Genau. Wichtig ist, was das Logo beim potenziellen Kunden für Assoziationen weckt. Nehmen wir als Beispiel das WWF-Logo mit dem Pandabären. Der Panda ist eine gefährdete Tierart. Er kann also als das Symbol für gefährdete Tierarten und Naturschutz stehen. Darüber hinaus sind das niedliche, sympathische Tiere, die eher einen Beschützerinstinkt wecken als vielleicht Insekten. Davon gibt es sicherlich auch viele Arten, die gefährdet sind, aber die würden wahrscheinlich nicht in einem solchen Maß Sympathie erzeugen und die Menschen dazu bewegen, sich im WWF zu engagieren und/oder zu spenden, wie der Pandabär.
Ein anderes gelungenes Beispiel für mich: Das Logo des Köln-Bonn-Airports. Es besteht aus Icons, die sich auch auf der Website wiederfinden: Auto und Bahn, Gepäckstück und am Ende der Reihe der startende Flieger. Die Geschichte dahinter ist eindeutig: Ich komme mit dem Auto oder der Bahn an, gebe meinen Koffer auf und dann fliege ich in den Urlaub. Ganz einfach.
Und wie sieht das bei Wortmarken aus? Die erzählen ja keine Geschichte.
Bei Wortmarken funktioniert der Mechanismus ein bisschen subtiler: Da ist es die Form der Typographie, die das gewisse Etwas ausmacht und die Idee transportieren muss. Nehmen wir Milka als Beispiel für eine typische Wortmarke. Die lila Kuh ist zwar das bekannte Key Visual, aber die Marke Milka erkennt man auch schon anhand der Typographie eindeutig. Die Schrift hat so einen weichen, fließenden Charakter mit organischen Formen. Bezogen auf die Aussage liegt die Assoziation von der schmelzenden Schokolade nahe.
Es ist also immer gut, wenn ein Logo eine Geschichte erzählt oder zumindest das transportiert, was mein Unternehmen ausmacht, denn das soll sich im Kopf des Kunden festsetzen. Ich muss mich also immer fragen, ob mein Logo einzigartig und originell ist, sich von anderen abgrenzt und auch merkfähig ist.
Wichtig ist auch, ob es den formalen Anforderungen entspricht. Es muss in verschiedenen Abbildungsgrößen reproduzierbar sein und auf einem großen Banner ebenso gut funktionieren wie auf der kleinen Visitenkarte.
Es gibt auch Kriterien, die sich ändern. Vor Jahren hieß es, ein Logo solle flächig sein und in Schwarz-Weiß funktionieren, damit es auch gefaxt werden kann. Fax ist in Zeiten der E-Mail nicht mehr so relevant, daher ist das Kriterium der Flächigkeit längst kein Muss mehr. Vor allem Automarken haben sich eine Zeitlang sehr stark in die 3D-Richtung orientiert, was für diese Marken auch gut ist. Inzwischen nimmt Mercedes durch die Abkehr von diesem Trend eine Art Vorreiterrolle in die entgegengesetzte Richtung ein.
Sollte man sich als Unternehmen nach so einem vermeintlichen Trend richten? Vor einiger Zeit hat in vielen Branchen kaum ein Weg am noblen 3D vorbeigeführt, jetzt setzt Mercedes eben auf 2D.
Das muss man von Fall zu Fall unterscheiden. Eine flächige Lösung ist oft einfacher erfassbar und daher leicht zu merken. Dreidimensionale Formen aus dem Gedächtnis wiederzugeben, ist schon schwieriger. Aber nehmen wir zum Beispiel UPS: Das Logo hat einen leichten 3D-Effekt, ist aber in seiner Grundform ganz einfach. Dieses Logo funktioniert für mich sehr gut.
Oft ist es auch so, dass Unternehmen eigentlich ein flächiges 2D-Logo haben und das für verschiedene Medien modifizieren. Im Web erhält es eine 3D-Modifikation, die vielleicht sogar animiert ist, da hier Haptik eine größere Rolle spielt und das Klickverhalten herausgefordert werden soll. Für das Firmengebäude gibt es ein dreidimensionales Modell und in Print-Medien wird die flächige Variante eingesetzt. Man kann ein Logo also auf verschiedene Weise zeigen, dem sind heutzutage kaum Grenzen gesetzt.
Eine 2D- und eine 3D-Variante – ist das nicht inkonsistent?
Das Logo soll natürlich nicht verwässert werden. Farben, Typographie, Grundform und Idee müssen sich schon konsequent durchziehen. Es geht eher um Details.
Allerdings ist der Umgang mit diesen Varianten auch eine Geschmacksfrage. Die eine Fraktion ist der Meinung, das Logo muss überall konsequent durchgezogen werden, und möchte keine Kompromisse eingehen. Andere sagen, es ist völlig legitim und sogar sehr sinnvoll, die Besonderheiten der Medien zu berücksichtigen.
Auf jeden Zug muss ich also nicht aufspringen?
Was mich nun weiterbringt – 2D oder 3D –, ist ganz individuell. Und was als schöner empfunden wird sowieso. Wichtig ist immer, das Logo im Kontext zu betrachten. Man muss sich das Unternehmen anschauen, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beachten und natürlich die Marktsituation einbeziehen.
Im zweiten Teil des Experten-Interviews sprechen wir über die Unmöglichkeit von Standardpreisen und über unterschiedliche Anforderungen an Logos.
Weiterführende Informationen:
Unsere spezielle Seite zum Thema Logo-Entwicklung
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