Im ersten Teil des Experten-Interviews sind wir auf die Stärken des Content-Management-Systems TYPO3 eingegangen. Gibt es auch Schwachpunkte? Und wie sieht die Zukunft von TYPO3 aus? Der zweite Teil des Interviews mit Maik, Backend-Entwickler bei //SEIBERT/MEDIA/TECHNOLOGIES.
Maik, jede Medaille hat zwei Seiten. Die TYPO3-Medaille nicht?
Doch. Ein Nachteil sind bislang noch die Usability-Probleme bei der Arbeit mit TYPO3. Das funktioniert nicht nach dem Motto: Hier haben Sie also Ihr System, dann legen Sie mal los. Man muss dem Kunden schon erklären, wie er seine Inhalte einpflegt, und ein gewisser Schulungsaufwand für die Redakteure ist auf jeden Fall nötig. Man muss die Leute also ein bisschen einarbeiten. Wenn man das System aber verstanden hat, läuft das.
Kommen wir zu den Themen Stabilität und Sicherheit.
Von Stabilitätsproblemen habe ich noch nichts gehört. Es gibt ja Tausende Referenzen und auch wirklich große Websites, die mit TYPO3 umgesetzt wurden und die einwandfrei laufen. TYPO3 verfügt standardmäßig über Caching via Datenbank. Die Seiten liegen also schon vorgeneriert in der Datenbank vor. Es gibt zudem auch die Möglichkeit des Static File Cachings. Bei diesem Verfahren werden die Seiten als statische Dateien exportiert und müssen nur noch vom Webserver ausgeliefert werden, was hinsichtlich der Performance natürlich enorme Vorteile hat. Da gibt es also keine Probleme.
Ich meine, ich hätte mal von Security-Lücken gelesen ...
Richtig, über eine spezielle URL konnte man die Konfigurationsdatei aufrufen, in dem der Hash des TYPO3-Install-Tool-Passworts steht. Über weitere Schritte war es schließlich möglich, sich einen Admin-Zugang anzulegen. Hier wurde dann nachgebessert, das TYPO3 Install-Tool wird jetzt nach einer Stunde automatisch deaktiviert. Auch bieten Extensions Angriffspunkte.
Einmal entdeckte Lücken werden jedoch schnell behoben: Beispielsweise gibt es Ansätze wie den „Last Friday each month is Bug Day“, ständig werden Patches veröffentlicht – die muss man natürlich auch einspielen. Wir reden halt über Software. Keine Software ist perfekt. Ein Sicherheitsproblem hat TYPO3 aber nicht.
Welche Grenzen hat TYPO3 denn? Was kann TYPO3 nicht?
Für eine normale, größere Webseite ist TYPO3 optimal. Man kann Content einpflegen, Bilder hochladen usw. Wenn etwas nicht geht, sind wieder die Extensions der Schlüssel. Für spezielle Anwendungsfälle muss man das System gegebenenfalls halt erweitern. Gerade haben wir für einen Kunden eine Mediathek realisiert und dafür eine Extension geschrieben.
Das geht so ohne weiteres?
Sicher, TYPO3 ist Open-Source-Software. An einer Extension arbeitet man aber schon ein bisschen länger. Das liegt vor allem daran, dass das System ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Es hat sich eben eine Menge angesammelt.
Und wann räumt die Community mal auf?
Die ist längst dabei. Das dauert noch eine Weile, aber mit TYPO3 5.0 fangen die komplett bei Null an. Ende 2009 soll es eigentlich ein Release geben. Was man jetzt schon davon sehen kann, sieht wirklich cool aus. Mit FLOW3 wird es ein eigenes Framework für TYPO3 geben, das momentan im Alpha-Stadium und fast feature-complete ist. Wenn das fertig ist, wird das CMS mit dem Framework sozusagen nochmal neu gebaut und aller Ballast über Bord geworfen. Vor allem die Entwicklung von Extensions dürfte dadurch viel einfacher werden.
Der Relaunch wird auch ordentlich vorangetrieben: Mit der TYPO3-Association gibt es eine Non-Profit-Organisation, die Mittel gesammelt hat bzw. zur Verfügung stellt, um einige Entwickler hauptamtlich zu beschäftigen. Neben der ehrenamtlichen Community arbeiten also (soweit ich weiß) auch zwei Vollzeit-Entwickler an TYPO3. Klar, das merkt man.
Bleiben wir mal bei der Perspektive des Entwicklers. Ist TYPO3 denn aus Programmierersicht gut zu handhaben? Wie ist das im Vergleich zu anderen CMS?
Man braucht sicher Einarbeitungszeit. TYPO3 ist auch aus Entwickler-Sicht kein System, das man anschaltet und dann loslegen kann. Da ist zum Beispiel TYPO-Script, eine eigene Skriptsprache, die schon relativ alt und in Sachen Syntax nicht gerade das Nonplusultra ist. Bis man also erstmal die Syntax und das ganze System richtig versteht, dauert das schon seine Zeit.
Wenn man aber an ein paar TYPO3-Projekten gearbeitet hat, hat man ziemlich schnell eine Art Bibliothek mit den häufigsten Anwendungsfällen beisammen: Menü oben, vertikales Menü, Menü unten usw. – eine Bibliothek mit Standards also, auf die ich im nächsten Projekt mit Copy & Paste zugreifen kann. Die Einarbeitungszeit lohnt sich auf jeden Fall. Dann flutscht das.
Maik, vielen Dank für die Einblicke und die Zeit.
Weitere Informationen:
Experten-Interview: TYPO3 und seine Stärken
Flexibles Content Management mit TYPO3
Individualität und Funktionenvielfalt dank mächtiger TYPO3-Extensions
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