Lean Startup: Durch das Annehmen von Beschränkungen Durchbrüche erzielen (Teil 2)

Jedes Unternehmen muss mit limitierten Ressourcen umgehen, Startups erst recht. Die Reaktion darauf besteht oft darin, solche Beschränkungen entweder mit Brachialgewalt aufzuheben oder aber die Ziele nach unten zu korrigieren. Es gibt jedoch einen dritten Weg, wie Lean-Startup-Fachmann Ash Maurya aufzeigt. Im ersten Teil des Artikels hat er anhand realer Beispiele dargestellt, wie Organisationen und Teams Beschränkungen annehmen und auf diese Weise Durchbrüche erzielen können. Dieser zweite Teil knüpft an diese Überlegungen nahtlos an.

Wie baut man ohne ein Produkt etwas, das Leute wollen?

Entrepreneure mit einer "tollen" Idee stecken im gleichen Dilemma der limitierenden Beschränkungen. Wenn sie auf eine vielsprechende Idee stoßen, eilen sie entweder dem Bau ihrer Lösung entgegen oder hasten los, um Leute mit Säcken voller Geld zu finden – sodass sie die nötigen Ressourcen auftreiben, um eben dem Bau ihrer Lösung entgegen zu eilen.

Innovators Bias

Viele Entrepreneure werden Opfer limitierter Ressourcen und bringen ihre Idee zu keinem Zeitpunkt voran. Anderen gelingt es, ihre Idee in ein Produkt zu zwängen, um dann festzustellen, dass das, was sie gebaut haben, nicht wirklich das ist, was die Leute wollen.

Der Grund Nummer eins, warum neue Produkte scheitern, besteht nicht darin, dass wir daran scheitern, das zu bauen, was wir uns zu bauen vorgenommen haben. Vielmehr scheitern wir daran, die richtigen Kunden und Märkte für unser Produkt zu finden:

Wir verschwenden einfach unnötig Zeit, Geld und Mühe darauf, etwas zu bauen, das niemand will.

Dies ist der Clou: Wir müssen nicht erst ein Produkt bauen, um aufzudecken, was die Leute wollen.

Wie in den gezeigten Beispielen müssen Entrepreneure Beschränkungen ebenfalls umarmen und sich selbst die folgenden antreibenden Fragen stellen:

  • Wie baue ich, was Leute wollen, ohne ein komplettes Team?
  • Wie baue ich, was Leute wollen, ohne Geld?
  • Wie baue ich, was Leute wollen, ohne ein Produkt?

Selbst wenn wir keine offenkundigen Ressourcen-Beschränkungen haben (etwa in einem großen Unternehmen), bin ich der Ansicht, dass wir diese Ressourcen dennoch beschränken müssen, denn das ist eine erforderliche Bedingung, um den Durchbruch von Innovationen anzutreiben.

Wie bauen wir nun ohne ein Produkt etwas, das Leute wollen?

Die Schlüsseleinsicht ist diese: Kunden interessieren sich nicht für unsere Lösung, sondern für unser Angebot. Dieses sollten wir stattdessen entwickeln. Wir brauchen nicht je Menge Zeit, Geld oder Leute, um ein Angebot zu testen.

Lean Startup Offer

Mit einem Angebot zu starten, erlaubt es, unsere riskantesten Kunden- und Marktannahmen vorab auf den Prüfstand zu stellen und eine richtige Anfangslösung (oder Minimum Viable Product, MVP) zu definieren.

Und dieser Ansatz ist nicht auf Hightech- oder Software-Produkte begrenzt. Er ist ebenso gut auf nicht-technische und Hardware-Produkte und auf Dienstleistungen anwendbar. Um diese letzte Aussage einem Test zu unterziehen, habe ich damit angefangen, vier mal im Jahr Online-Bootcamps mit einer breiten Palette von Teams aus aller Welt durchzuführen.

BOOTSTART: Ein achtwöchiges intensives Online-Coaching-Programm, in dem Entrepreneure lernen, wie sie von einer Idee zu früher Traction (=zahlenden Kunden) kommen, ohne mehr Zeit, Geld und Leute zu verbrauchen.

Wie man wohl erraten wird, ist der Name ein Zusammenspiel aus Bootstrapping (begrenzte Ressourcen) und Startup (große/weltverändernde Ideen).

Bis heute haben wir über 500 Teams aus 20 Ländern durch dieses Programm gebracht. Manche Teams kamen nur mit einer Idee herein, andere hatten ein fertiges Produkt. Die Zusammensetzung reichte von Solo-Gründern bis zu kompletten Startup- und Corporate-Teams.

Dies habe ich herausgefunden:

Entrepreneure sind überall
Wir mögen unterschiedlich aussehen und verschiedene Sprachen sprechen, aber die Persona des Entrepreneurs ist universell. Wir allen wollen die gleichen Dinge, fürchten die gleichen Dinge und begehen oftmals die gleichen Fehler.

Ein Build-first- oder Investor-first-Ansatz ist die falsche Richtung
Investoren und Kunden interessieren sich nicht für unsere Lösung, sondern für frühe Zugkraft (Traction). Das sollte unser einziger Fokus sein.

Frühe Traction kann in rund acht Wochen erreicht werden
Ein gemeinsames Motiv in den Beispielen oben ist die Priorisierung der wertvollsten Ressource – Zeit. Während Geld und Leute auf und ab fluktuieren können, verläuft Zeit nur in eine Richtung.

Über die Jahre hinweg haben wir eine Bibliothek mit Strategien und Taktiken gesammelt (Lean Startup, Bootstrapping, 10x-Launches etc.), die für alle Arten von Geschäftsmodellen adaptiert werden können. Noch wichtiger: Sie optimieren die Suche nach einem funktionierenden Geschäftsmodell im Hinblick auf die wertvollste Flaschenhals-Ressource: die Zeit des Entrepreneurs.

Wir haben präzise und wiederholt festgestellt, dass in acht Wochen (oder weniger) von einer Idee zu früher Traction gelangen kann, und zwar unabhängig von der Art des Geschäftsmodells – vorausgesetzt, der Entrepreneur ist bereit, in der Arbeit aufzugehen. Daraus ergibt sich diese Konsequenz: Wenn wir innerhalb dieses Zeitraums keine frühe Traction generieren, sollten wir in der Lage sein, klar aufzuzeigen, warum nicht. Es könnte an einem Geschäftsmodell-Risiko liegen, am Markt-Timing oder einfach an einer schlechten Idee. Der Schlüssel liegt darin, zu einer evidenzbasierten Go- oder No-go-Entscheidung hinsichtlich unserer Idee innerhalb einer festen Timebox zu kommen.

Das Leben ist zu kurz, um etwas zu bauen, das niemand will.

Weiterführende Ressourcen

Dieser Artikel wurde im Original am 16. Dezember 2015 unter dem Titel How to Achieve Breakthrough By Embracing Your Constraints von Ash Maurya veröffentlicht. Ash Maurya gehört zu den führenden Köpfen der internationalen Gründerszene und ist einer der renommiertesten Experten für Lean Startup und Customer Development. Seinen Weblog finden Sie unter http://leanstack.com. Die Website seines Unternehmens Spark59 erreichen Sie unter http://spark59.com. Mehr Fachartikel bietet unser Lean-Special.

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