Wer sich selbst oder sein Unternehmen im Internet präsentieren und hierfür eine bestimmte Domain registrieren möchte, muss nicht selten feststellen, dass diese bereits vergeben ist. Dies ist besonders ärgerlich, wenn die begehrte Domain ausschließlich für den Zweck registriert worden ist, sie gewinnbringend weiterzuverkaufen. Da Domains ein knappes Gut sind, bewegen sich die üblichen Verkaufspreise in erpresserischen Höhen.
Professionelle Domain-Grabber, die sich auf das lukrative Geschäft mit Domains spezialisiert haben, sichern sich mitunter Tausende von Domains, die sie entweder für den weiteren Verkauf bei Domain-Handelsbörsen parken oder in der Zwischenzeit mit provisionspflichtigen Werbe-Links füllen. Der Begriff des Domain-Grabbing bezieht sich allgemein auf die Registrierung von vielversprechenden Domains zum Zweck des Weiterverkaufs, während der oft synonym verwendete Begriff Cyber-Squatting sich vorrangig auf die Reservierung von Domains bezieht, die einen bekannten Firmen- oder Markennamen zum Gegenstand haben.
Gilt Domain-Grabbing im Allgemeinen als moralisch anstößig, so ist der Handel mit Domains jedoch nicht per se rechtswidrig, auch dann nicht, wenn der Domain-Grabber dabei kein anderes Ziel als die offen ausgelebte Geldschneiderei verfolgt. Ob man den Domain-Grabber oder Cyber-Squatter mit rechtlichen Maßnahmen zur Freigabe der gewünschten Domain zwingen kann oder lieber zähneknirschend das von ihm geforderte „Lösegeld“ bereitstellt, hängt vor allem davon ab, welche Rechte man selbst an dem gegrabbten Domain-Namen in Anspruch nehmen kann.
Unbefugte Benutzung des eigenen Namens?
Der Träger eines Namens – dazu gehören neben dem bürgerlichen Namen auch Unternehmens- oder Künstlernamen – ist dagegen geschützt, dass ein anderer den entsprechenden Namen unbefugt gebraucht (§ 12 BGB). Unbefugt ist der Namensgebrauch dann, wenn der Namensbenutzer nicht über ein gleiches Namensrecht verfügt.
Herr Alfred Neumann könnte sich z.B. zur Wehr setzen, wenn Herr Claus Wiebert die Domain neumann.de für sich registriert. Anders läge der Fall, wenn ihm ein Herr Michael Neumann zuvorgekommen wäre. Dieser verfügt an dem Namen über ein gleiches Namensrecht. In diesen Fällen gilt das einfache und gerechte Prinzip: First come, first served.
Schwieriger wird es in solchen Fällen, bei denen der Name zugleich auch eine über den bloßen Namen hinausreichende Bedeutung haben kann. Ein Herr Patrick Süß könnte z.B. nicht die Domain suess.de verbieten, wenn die Domain für ein Süßigkeitenportal genutzt wird, denn in diesem Fall wird „Suess“ nicht als Name gebraucht, sondern als Gattungsbegriff für süße Sachen.
Wenn es erst greift, ist das Namensrecht die schärfste Waffe, die man gegen einen Domain-Grabber einsetzen kann. Bereits die reine Registrierung einer auf einen fremden Namen lautenden Domain stellt eine Namensrechtsverletzung dar! Wer aus seinem Namensrecht vorgeht, kann also auch die Freigabe solcher Domains verlangen, die noch gar nicht oder für völlig branchenfremde Anliegen genutzt werden.
Das Namensrecht gilt nicht nur für natürliche Personen wie den oben erwähnten Herrn Alfred Neumann, sondern auch für Unternehmen wie z.B. die Siemens AG oder (nicht gänzlich unbekannte) Städte und Gebietskörperschaften wie etwa Saarland, Koblenz oder Fulda.
Wurde die eigene Marke als Domain registriert?
Für Marken, also die Bezeichnung von Waren und Dienstleistungen, und für geschäftliche Bezeichnungen (z.B. Restaurant „Zum wilden Eber“) kommt außerdem ein markenrechtlicher Schutz gegen identische oder zum Verwechseln ähnliche Domain-Namen in Betracht. Wichtige Voraussetzung ist hier, dass die Nutzung des Domain-Namens im „geschäftlichen Verkehr“ erfolgt ist, wofür eine bloße Domain-Registrierung noch keinen Anhalt bietet.
Wo die Grenzen zwischen geschäftlichem und privatem Handeln liegen, ist in der Praxis eine nicht immer einfach zu beantwortende Rechtsfrage. Eindeutig im privaten Bereich handelt jedoch jemand, der die Domain ausschließlich dazu nutzt, um seinen Freunden Familienfotos im Web zu präsentieren. Geschäftliches Handeln liegt eindeutig dann vor, wenn ein Unternehmer unter der Domain einen Online-Shop betreibt.
Doch bitte beachten: Allein die Tatsache, dass die eigene Marke für einen fremden Domain-Namen genutzt wird, muss noch nicht unbedingt eine Markenverletzung darstellen. Ist die eigene Marke z.B. für Textilien und Kosmetikartikel geschützt, ist es nicht möglich, eine gleichlautende Domain zu untersagen, die ausschließlich für Leistungsangebote der Baubranche verwendet wird. In diesem Fall liegt keine Markenverletzung vor, es sei denn, es handelt sich um eine sehr bekannte Marke.
Wettbewerbsrecht und Deliktsrecht
Soweit marken- oder namensrechtliche Vorschriften nicht greifen, könnte auch ein wettbewerbsrechtlicher oder deliktsrechtlicher Anspruch in Betracht kommen, wenn die Domain-Registrierung dazu eingesetzt wird, einen Mitbewerber oder einen sonstigen Gewerbebetrieb gezielt zu behindern. Während die Rechtsprechung in den ersten Jahren des Domain-Grabbing-Phänomens den Handel mit Domains oftmals als wettbewerbsrechtlich unlauter oder sittenwidrig einstufte, hat sich mittlerweile die Auffassung durchgesetzt, dass Domain-Namen ein Wirtschaftsgut wie jedes andere sind und grundsätzlich frei gehandelt werden dürfen.
Der BGH hat insofern in einer jüngeren Entscheidung enge Grenzen für ein wettbewerbsrechtliches Vorgehen gegen Domain-Registrierungen gezogen. Um bei einer Domain-Registrierung von einer gezielten Behinderung zu sprechen, müsse der Domain-Erwerber rechtsmissbräuchlich gehandelt haben. Ein Rechtsmissbrauch könne angenommen werden, wenn der Domain-Erwerber den Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen in der Absicht hat registrieren lassen, sich diesen von dem Inhaber eines entsprechenden Kennzeichen- oder Namensrechts abkaufen zu lassen. Die durch die Domainregistrierung resultierende rein faktische Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Unternehmens sei hingegen eine reine Folge des Prioritätsprinzips der Vergabestelle, die das beeinträchtigte Unternehmen hinzunehmen habe (BGH, Urteil vom 19.02.2009, Az. I ZR 135/06 – ahd.de).
Neben namens- und markenrechtlichen Ansprüchen sind wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen Domain-Grabber in eher seltenen Konstellationen interessant. Denkbar ist z.B., dass der Domain-Grabber eine Domain registriert, die einer geplanten, aber noch nicht registrierten Marke entspricht, oder dass er systematisch eine Vielzahl von Domains registriert, die einer rechtlich nicht schutzfähigen Unternehmensbezeichnung entsprechen, unter denen das Unternehmen aber gleichwohl am Markt auftritt.
Fazit
Ohne eine irgendwie geartete eigene Berechtigung an einem Domain-Namen gibt es keinen Anspruch gegen den Domain-Grabber. Allein die Tatsache, dass man ein ernsthaftes geschäftliches Interesse an der Nutzung der Domain nachweisen kann, während es dem Domain-Grabber ausschließlich um den gewinnbringenden Verkauf der Domain geht, begründet keinen Anspruch auf eine Freigabe der Domain. In diesen Fällen ist Kaufen (oder das Suchen nach Alternativen) der bessere Weg als der Zug durch die Instanzen.
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