Tag-Clouds prägen das Erscheinungsbild einer Website mit – und damit das Image eines Anbieters. Wie kann sich eine Tag-Wolke eher positiv auf die Wahrnehmung einer Website durch den Nutzer auswirken? Und welche Gefahren birgt die Verwendung einer Wort-Wolke unter Image-Aspekten? Über folgende drei Punkte sollten Site-Betreiber nachdenken.
Für die Zielgruppe oder an der Zielgruppe vorbei?
Tag-Clouds sind allgegenwärtig, kommen auf immer mehr Seiten zur Anwendung und gehören im Jahr 2009 einfach zum Internet dazu. Die auffälligen Wort-Wolken richten sich an versierte User, die mit dem Internet gut vertraut sind, die Web-2.0-Features nutzen können und auch nutzen und die neuen Entwicklungen mit Interesse verfolgen. Die meisten User, die sich oft im Netz bewegen, wissen Tag-Wolken zu schätzen und zu nutzen. Aus Sicht dieser Besucher wertet eine Wort-Wolke eine Website auf und erweitert sie um ein sinnvolles Feature; sie kommt den Bedürfnissen der Nutzer entgegen und vermittelt ihm so ein positives Bild vom Unternehmen.
Allerdings können Web-Laien, die lediglich nach einer bestimmten Information suchen und sich darüber hinaus gar nicht länger im Netz aufhalten möchten, nicht sofort bzw. überhaupt etwas mit Schlagwörtern in verschiedener Größe anfangen. Gelegenheits-User könnten die Website als „an Internet-Freaks gerichtet“ erfahren (selbst wenn das gar nicht der Fall ist) und sich ausgeschlossen fühlen. In diesem Fall wirkt sich die Funktion Tag-Cloud negativ auf die Wahrnehmung des Unternehmens durch den Nutzer aus.
Das muss ein Web-Unternehmen wissen und konkrete Informationen über die User einholen, die die Website tatsächlich nutzen bzw. nutzen werden.
Trendsetter oder Nachzügler?
Versierten Nutzern vermittelt eine Tag-Wolke auf einer Website zunächst den Eindruck, hier handele es sich um ein innovatives Angebot: Tag-Clouds sind in, Tag-Clouds sind hip, Tag-Clouds sind Web 2.0 pur. Die Website wird als up-to-date wahrgenommen, denn sie macht sich offenbar moderne und im Trend liegende Technologien und Konzepte zueigen.
Doch auch eine andere Perspektive muss zulässig sein. Ist beispielsweise ein Web-Angebot über Jahre hinweg mit Hauptnavigation und einer klassichen Suchfunktion ausgekommen und präsentiert sich ohne offensichtlichen Grund plötzlich im Web-2.0-Look, könnte das User der Website irritieren und verschiedene Fragen aufwerfen: Weshalb soll die Website plötzlich trendig wirken? War die Seite also ihrer Zeit hinterher? Oder überspitzt formuliert: Jetzt haben es also auch die Letzten kapiert?
Die Integration einer Tag-Wolke in ein bestehendes Web-Angebot könnte durchaus wie das Aufspringen auf einen längst abgefahrenen Zug wirken. Andererseits eröffnet sich Unternehmen die Möglichkeit, sich modern, offen für Neues und jugendlich zu präsentieren.
Transparenz oder Manipulation?
Tag-Clouds, heißt es, zeigten die unverblümte, charmante, unverfälschte Realität und spiegelten die tatsächliche Nutzung einer Website wider. Und das bestärkt das Urvertrauen der Community in die im Grunde des Webs verwurzelte Ehrlichkeit und die immer wieder greifenden Selbstreinigungsprozesse im Internet. In den Augen vieler User drückt eine Tag-Wolke die Bedeutung aus, die ein Website-Betreiber dem Wert Transparenz beimisst.
Allerdings bestehen auch in diesem Zusammenhang berechtigte Bedenken. Auf Spiegel.de beispielsweise wird die Wort-Wolke redaktionell betreut und jede Änderung bedarf der Freigabe. Und welcher User weiß schon, ob eine Tag-Cloud auf unverfälschten Nutzerdaten basiert oder ob einfach wenig frequentierte Bereiche einer Website, Ladenhüter in Web-Shops, verwaiste Foren etc. durch manipulative Aktivitäten gepusht werden sollen? Ob eine Tag-Wolke das reale Nutzungsverhalten einer Website abbildet, ist längst nicht (mehr) gewiss.
Das heißt sicherlich nicht, dass jeder Website-Betreiber als potenzieller Manipulator wahrgenommen wird. Tag-Wolken sollten dennoch das tatsächliche Nutzungsverhalten der User widergeben: Kein Unternehmen möchte im Zusammenhang mit seiner Website in den Verdacht geraten, sich unlauterer Methoden zu bedienen. O2-online.de beispielsweise belässt es bei dem sehr präsenten Tag „Kündigung“, wo andere Anbieter womöglich in Versuchung geraten könnten, in den Inhalt der Tag-Wolke einzugreifen:
Abb. 1: Die Wortwolke auf O2-Online.de
Fazit: Die Angemessenheit zählt
Gewiss können Anbieter ihrer Website mithilfe einer Wort-Wolke ein frisches Web-2.0-Image verleihen. Tag-Clouds eignen sich allerdings ebenso dazu, Nutzer vor Fragen zu stellen und einen Online-Auftritt (und damit das Unternehmen) in ein etwas irritierendes Licht zu rücken.
Ob eine Tag-Wolke das Profil einer Website eher schärft oder dem Image eines Web-Unternehmens eher Schaden zufügt, ist unbedingt von der anvisierten Zielgruppe, dem Kontext zwischen Inhalten und Funktionen sowie der verantwortungsvollen Verwendung der Funktion abhängig.
Weitere Informationen:
Tag-Clouds (Teil 1): Wortwolken unter Design-Aspekten
Tag-Clouds (Teil 2): Usability-Probleme und Lösungsversuche
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