Es gibt ein unerschütterliches Urvertrauen, das fast jeder Kreative teilt:
Jeder begabte Designer (oder jeder begabte Ingenieur, Künstler, Architekt …) erzielt einige wirklich große Ergebnisse in seinem Leben.
Daran glaubt und darauf vertraut der Designer und hofft am Anfang eines jeden größeren Projekts, dieses Mal den großen Wurf zu landen und etwas Großartiges zu schaffen. Er möchte etwas Neues, nie Dagewesene kreieren und sich mit seinem neuartigen, außergewöhnlichen Entwurf auch gegenüber seinen Kollegen profilieren. Er möchte bewundert werden, Respekt ernten und auf seinen Entwurf stolz sein können. Und: Er möchte den Kunden mit seiner Arbeit in Begeisterung versetzen. Die Realität holt ihn jedoch meistens ganz schnell und mitunter unsanft wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
Dies sind einige Beispielsituationen, in denen dem Designer seine Freude und das Lachen nach und nach vergehen, sowie einige typische Reaktionen 😉 :
Einschätzungen von Laien
Personen, die von Design nicht die geringste Ahnung haben und das Wesentliche gar nicht begreifen, aber über das Ergebnis tagelanger Arbeit konferieren, urteilen und beratschlagen, kosten viele Nerven.
Unausgereifte Ideen
Jemandem kommt eine Idee, über die er keine drei Sekunden nachgedacht hat, sie aber auf Gedeih und Verderb umsetzen will, weil sie ihm eben besser gefällt – was allerings auch die Arbeit von 20 Stunden über den Haufen werfen würde. In so einem Fall kann ein Designer schon einmal laut und etwas unbeherrscht werden.
Detailkritik statt Gesamtwürdigung
Wenn auf sein Layout statt mit Begeisterung über die entwickelte Lösung nur mit Hinweisen auf Rechtschreibfehler reagiert wird, bringt das den Designer zum Resignieren und weckt so manche Sinnfrage.
Entstellung des eigenen Idealentwurfs
Angesichts der dritten Änderungsrunde, deren Ergebnisse ihn zwingen, den eigenen Idealentwurf nach und nach immer weiter zu entstellen, denkt der Designer auch mal darüber nach, sich einen Boxsack anzuschaffen.
Änderungen, die nichts verbessern
Bei Änderungen, die das Ergebnis lediglich modifizieren, es aber nicht im Geringsten verbessern würden, und die die Zeit und das Budget des Designers sinnlos verschlingen, beginnt er gerne langatmige Diskussionen.
Projekte, in denen Design als Beiwerk angesehen wird
Wenn er ein Intranet oder Extranet designen muss, das mit Sicherheit keine Design-Lorbeeren ernten kann, weil auf das Design kaum Wert gelegt wird, halten sich die Ambitionen des Designers in Grenzen und er muss sich arg zusammenreißen, motiviert zu bleiben.
Routine statt Kreativität
Wenn er einen 60-seitigen Styleguide abzuarbeiten hat, während andere für ein Kommunikationskonzept brainstormen, kann er auch mal traurig wirken.
Abschließend ein freundlicher Tipp für alle, die mit Designern zu tun haben:
Lassen Sie dem Designer etwas mehr Freiraum und steigern Sie seine Motivation und seinen Ehrgeiz mit einem wertschätzenden Budget, denn dann erhalten Sie mit Sicherheit ein Ergebnis, das dem Bestmöglichen nahe kommt und von dem auch Sie begeistert sein werden.
Weiterführende eigene Artikel:
- Einen Designer besser verstehen (1/2) – So denkt und arbeitet er Oder: Warum gute Ergebnisse Zeit brauchen
- 8 Vorurteile gegenüber Design und Designern
Mehr über die Creative-Commons-Lizenz erfahren
Déjà vu … bei der Softwareentwicklung ist das auch immer das Gleiche. Und doch sind wir immer wieder auf die Urteile von Laien angewiesen bzw. diesen ausgeliefert. Zuerst wird “quick and dirty” bestellt und wenn dann “quick and dirty” geliefert wird, nachdem alle Widerstände der Ingenieure gebrochen worden sind, ist es doch nicht recht.
Da erinnert man sich doch gerne an alte Zeiten zurück, als man noch Lösungen entwickelte, bis sie fertig waren, und nicht einfach die Entwicklung eingestellt hat, wenn der Termin gekommen war. Gut Ding braucht eben Weile.