Der User-Test ist die Königsdisziplin der Usability-Forschung: Beobachtet man echte Nutzer bei der Arbeit mit einer Anwendung, findet man die Usability-Probleme, die in der Praxis tatsächlich zu Fehlern führen und bringt so nahezu alle Schwachpunkte ans Licht.
Bei der Durchführung eines User-Tests besteht allerdings die Gefahr, die Kommunikation mit dem Kunden zu unterschätzen. Für diesen ist ein User-Test zumeist Neuland, eine gewisse Unsicherheit ist hier verständlich. Mit einem Debriefing nimmt man den Kunden quasi bei der Hand und baut ein vertrauensvolles Verhältnis auf, indem man ihm gleich nach der Durchführung der eigentlichen Tests ein wichtiges Zwischenfazit kommuniziert.
Der User-Test erhält einen sinnvollen Rahmen
Bei einem User-Test erledigen die Nutzer eine Reihe von Aufgaben und äußern dabei, was ihnen bei der Arbeit auffällt: Mit welchen Problemen haben sie zu kämpfen, was empfinden sie als verwirrend, wo sehen sie Verbesserungsmöglichkeiten? Bei einem Debriefing handelt es sich um eine unmittelbare Nachbesprechung nach Beendigung dieser Test-Sessions mit den Probanden.
Es gehört zu den zentralen Aufgaben des Versuchsleiters, die Probanden zur Anwendung der Methode lauten Denkens zu animieren. Während der User seine Aufgaben erledigt und jeden Schritt kommentiert, macht sich der Moderator ständig Notizen. Häufig entsteht schon nach wenigen Tests ein konkretes Bild von den größten Schwierigkeiten, die bei der Nutzung der Anwendung auftreten, denn erfahrungsgemäß stolpern User immer wieder über die gleichen Probleme.
Im Debriefing werden diese ersten wichtigen Erkenntnisse, die man bspw. auf einem Whiteboard gesammelt und vor der Nachbesprechung strukturiert hat, ausführlich mit dem Kunden erörtert. Somit bildet das Debriefing zusammen mit den Vorbesprechungen einen sinnvollen Rahmen, in den der User-Test eingebettet ist.
Das Debriefing stopft eine Lücke im Projektablauf
In aller Regel vergeht einige Zeit zwischen dem User-Test und der Präsentation der Ergebnisse, denn die Tests müssen systematisch ausgewertet und aufbereitet werden, Highlight-Videos sind zu erstellen, konkrete Handlungsvorschläge auszuarbeiten usw.
Der Kern des Debriefings besteht darin, dass der Kunde einen ersten Überblick bekommt und in das Projekt involviert bleibt. Kunden brennen auf Feedback. Erhalten Sie dieses nicht unmittelbar, sondern packen die Usability-Experten ihre Sachen ein und verabschieden sich mit dem bloßen Verweis auf die Abschlusspräsentation in 14 Tagen, entsteht ein Loch im Projektablauf.
Es liegt im Wesen eines User-Tests, dass zwischen der Durchführung und der Präsentation der Ergebnisse also eine Lücke klafft: Während die Usability-Experten an der Auswertung arbeiten, ist der Kunde längst wieder ins Tagesgeschäft zurückgekehrt. Die durchführende Agentur muss den Kunden später erst wieder „wecken“ bzw. sensibilisieren, zurück ins Boot holen und ihm noch einmal deutlich machen, wie wichtig die Ergebnisse sind.
Gesicherte Zwischenergebnisse sorgen für Transparenz und Vertrauen
Ein User-Test ist zudem kein alltägliches, sondern für die meisten Kunden ein besonderes Ereignis. Viele Auftraggeber sind zum ersten Mal bei einem User-Test dabei und dementsprechend auch etwas unsicher: Die Abläufe sind unbekannt, die Konsequenzen im Hinblick auf nötig werdende Investitionen sind im Vorfeld kaum absehbar.
Setzt man sich direkt nach Beendigung der User-Tests mit dem Kunden zusammen, geht bereits jetzt die wichtigsten Erkenntnisse durch und weist auf einige der zentralen Probleme hin, gibt ihm dies viel Sicherheit: Der Kunde weiß bereits ungefähr, was ihn im Abschlussbericht erwartet, er erhält verlässliche erste Hinweise darauf, wie umfangreich die Maßnahmen zur Behebung der Probleme sein werden etc. Debriefings füllen die Lücke im Projektablauf aus und schaffen Vertrauen in die durchführende Agentur und in die Ergebnisse des User-Tests.
Debriefings generieren wertvolles Kunden-Feedback
Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Moderatoren ihrerseits auch frühzeitig Feedback vom Kunden erhalten. Sieht der Kunde dies und jenes ähnlich, kann er die Probleme nachvollziehen? Ist ihm klar, dass es sich um Schwachstellen in der Anwendung handelt (und nicht etwa um die vermeintliche Unfähigkeit der Nutzer)? Hat er vielleicht bereits eigene Lösungsansätze, die bei der Abschlusspräsentation berücksichtigt werden könnten?
Das Debriefing ist für die durchführende Agentur mit einem vergleichsweise geringen Aufwand verbunden – ausführliche und aussagefähige Notizen sind, sofern der User-Test professionell durchgeführt wird, vorhanden, erfahrene Usability-Fachleute benötigen für eine vorläufige, grobe Systematisierung relativ wenig Zeit. Somit ist das Debriefing ein ebenso wertvoller wie effizienter Projektbestandteil, der nicht zuletzt maßgeblich zur Kundenzufriedenheit beiträgt: Unserer Erfahrung nach nehmen Kunden dieses Angebot mit Begeisterung an.
Haben Sie Fragen zum Ablauf von User-Forschung? Möchten Sie Ihre Anwendung professionell analysieren lassen oder benötigen Sie Hilfe bei der Durchführung eines User-Tests? Bitte sprechen Sie uns an und füllen Sie das Kontaktformular auf unserer speziellen Seite zum Thema User-Tests aus.
Weiterführende Informationen
Die Usability-Website von //SEIBERT/MEDIA/CONSULTING
Return on Investment von Usability
Der Moderator als multiple Persönlichkeit: Drei Rollen bei der Durchführung von User-Tests
Effektive User-Forschung ist ein separates Projekt
Mehr über die Creative-Commons-Lizenz erfahren