Die Wikiphobie gehört zu den größten Hemmnissen bei der Etablierung eines Enterprise Wikis. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es immer wieder Mitarbeiter gibt, die die Wiki-Idee und das Wiki-Konzept nicht verstehen und nicht mögen. Diese Leute werden selbst den Versuch einer Wiki-Einführung sabotieren.
Dies ist vor allem in Unternehmen zu beobachten, für die Enterprise Wikis völliges Neuland darstellen. Die typischen Argumente, die Wikiphobiker vorbringen, reichen von „Warum sollen wir stattdessen keine E-Mails nutzen?“ über „Wir haben doch schon ein Dokumentenmanagement-System im Intranet!“ und „Mein Wissen ist wertvoll, das mache ich nicht allen zugänglich!“ bis hin zu „Unbefugte werden auf das Wiki zugreifen können!“
Die Symptome für Wikiphobie im Unternehmen sind eindeutig erkennbar: Es regt sich Widerstand gegen das Management oder auch gegen die IT. Diesem Phänomen begegnen wir häufig in Unternehmen, in denen viel mit Papier gearbeitet wird: Wikiphobikern ist ihr Schwarz-auf-Weiß-Wissen heilig; viele gehen so weit, ihre E-Mails in der Angst auszudrucken, sie könnten versehentlich gelöscht werden. Für diese Leute ist die Idee, online zusammzuarbeiten, absolut unvorstellbar.
Paradoxerweise haben Wikiphobiker in der Regel gar keine genaue Vorstellung vom Objekt ihrer Befürchtungen. Das können Sie sich zunutze machen. Am besten verfahren Sie folgendermaßen: Sie lassen das Wiki einrichten und sagen den betreffenden Mitarbeitern einfach gar nicht, dass es sich um Ihr neues Enterprise Wiki handelt. Stattdessen reden Sie von einer ausführlichen Info-Website, deren Inhalte nur eine Handvoll vertrauenswürdiger Kollegen verändern dürfen. Anschließend lassen Sie alle Mitarbeiter als Verfasser zu – mit Ausnahme der Wikiphobiker. Diese werden nun zunächst annehmen, es handele sich um eine weitgehend statische „Website“, deren Inhalte nicht einfach so bearbeitet werden können, und dürften erst einmal beruhigt sein. Die inhaltliche Verantwortung, das stellen Sie den Wikiphobikern gegenüber klar, liegt bei Ihnen.
Früher oder später wird ein Wikiphobiker an Sie herantreten und Sie per E-Mail bitten, diese oder jene Modifikation vorzunehmen. Seine E-Mails mit den darin enthaltenen Informationen kopieren Sie einfach ins Wiki. So beteiligt sich dieser Mitarbeiter ungewollt beim Auf- und Ausbau der Wiki-Inhalte.
Letztlich wird jeder Wikiphobiker natürlich mitbekommen, dass es sich um nichts anderes als ein Wiki handelt. Dieses hat jedoch inzwischen beträchtlich an Umfang zugenommen und niemand wird es wagen, zahlreiche Informationen wieder zu löschen.
Möglicherweise bittet man Sie nun, in den entsprechenden Dokumenten die Editiermöglichkeit abzustellen oder die Rechte wenigstens einzuschränken. In diesem Fall sagen Sie: „Ja, werde ich machen“ – und ignorieren den Wunsch. Alle paar Monate tritt jener Mitarbeiter vielleicht erneut an Sie heran und erinnert Sie an seine Bitte. Machen Sie’s dann genau wie beim ersten Mal.
Wiki-Champions werden Sie aus Wikiphobikern zwar wahrscheinlich nicht machen können, doch über kurz oder lang dürften die betreffenden Mitarbeiter sich immerhin in ihr Schicksal fügen. Spätestens wenn sie sehen, dass alle anderen Kollegen im Wiki aktiv sind und von dem System profitieren, werden sich zumindest die irrationalen Befürchtungen der Wikiphobiker zerschlagen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine sinnvolle Lösung ist, skeptischen Mitarbeitern ” einfach nicht die Wahrheit zu sagen”. Eigentlich unglaublich, dass ein Experte einem Unternehmen eine solche Vorgehensweise empfiehlt, die vor allem in kleineren und mittleren Unternehmen, indem sich Kollegen untereinander austauschen (sollen), eher zu genereller Skepsis und entsprechendem Misstrauen führen dürfte. Warum ist es kein akzeptabler Weg, die wenigen Wikizweifler schlichtweg solange zu akzeptieren, bis diese von sich aus den Nutzen sowie die Vorteile erkennen und sich mit ersten Schritten daran beteiligen? Andererseits, wenn tatsächlich unbedingt sämtliche Mitarbeiter das Wiki nutzen sollen müssen, kann man dies sicherlich auch offen entsprechend anordnen.
Ich verstehe die Kritik vollkommen und teile sie in weiten Teilen auch. Es ist wichtig transparent und offen zu arbeiten. Für //SEIBERT/MEDIA ist mir erstmal wichtig, zu betonen, dass wir hier lediglich Artikel aus dem Englischen ins Deutsche übersetzen. Die Artikel und Inhalte selbst stammen von unserem amerikanischen Partner Stewart Mader.
Was hier gemeint ist, ist der Umgang mit den Mitarbeitern, die das Wiki einfach nur blockieren wollen. Da gibt es häufig gar keine sachlichen Gründe für. Das ist eine Haltung, die auf emotionaler und häufig vorurteilshafter Haltung basiert. Mitarbeitern, die hier Wikiphobiker genannt werden, kommen Sie mit sachlichen Argumenten nicht bei. Häufig haben diese auch nicht das Interesse sich so intensiv um das Wiki zu kümmern und sind mit einer freundlichen “Ignoranz” ganz zufrieden.
Unsere Empfehlung an Kunden ist in der Regel:
1. Vermeiden Sie im Umgang mit diesen Mitarbeitern das Wort “Wiki” vollständig. Sprechen Sie lieber von “Intranets” und “internen Webseiten”.
2. Hofieren Sie diese Mitarbeiter, sobald das Wiki so viel Fahrt aufgenommen hat, dass es nicht mehr zu stoppen ist. Machen Sie ihnen klar, dass es unerlässlich ist, dass sie das Wiki unterstützen. Weisen Sie auf die Bedeutung und Kompetenz hin, die ohne Teilnahme im Wiki einfach fehlt.
3. Versuchen Sie die Mitarbeiter in der Wachstums- und Evaluationsphase des Wikis “außen vor zu lassen”. Wenn das nicht geht, versuchen Sie mit Hilfe von Personas klar zu machen, dass Wikis eben nicht für den Betroffenen sondern für andere Mitarbeiter wirklich cool sind. Das wirkt häufig.
Ach ja, und akzeptieren Sie, dass Wikis auch eine kulturelle und organisatorische Veränderung im Unternehmen bewirken. Unternehmen, die das nicht wollen, fahren für eine gewisse Zeit vielleicht ohne Wiki besser. Ich bin zwar überzeugt, dass eine solche Haltung nicht zu Wettbewerbsvorteilen führt. Aber sie existiert. 🙂