Diese Frage wurde mir während einer Präsentation gestellt. Eine einfache Frage mit einer komplizierten Antwort. Warum? Nun, immer, wenn ein neues Unternehmens-Tool auf der Bildfläche erscheint, reden dessen Befürworter vom großen Wurf (Denken Sie an Knowledge-Management-Systeme!), der alle anderen Tools überflüssig machen würde; also solle man so schnell wie möglich auf den Zug aufspringen. Einen solchen Fall gibt es jedoch nicht, ohne Ausnahme. Auch das KM bewegt sich längst nicht mehr auf dem extrem hohen Level früherer Tage.
Also habe ich folgende Antwort gegeben: In einigen Fällen wird das Wiki andere Tools ersetzen, in anderen Fällen wird das Wiki neben bestehenden Tools existieren und diese gegebenenfalls ergänzen. Sie finden, das klingt nach der Antwort eines Politikers? In gewisser Weise ist es auch eine. Hätte ich wiederholt, was schon so oft gesagt wurde – dass das Wiki also sämtliche Tools überflüssig machen würde –, hätte ich mich selbst diskreditiert. Erstens wissen die Leute, dass das nicht stimmt, und zweitens würde sie die Aussicht beunruhigen, dass die Dinge in Zukunft völlig anders gemacht werden sollen als bisher.
Andererseits war es wiederum keine Politiker-Antwort, denn viele Tools können tatsächlich friedlich nebeneinander existieren; und wird den Leuten die Wahl gelassen, erhöht das ihre Produktivität und ihre Freude an der Arbeit. Wenn ein Wiki eingeführt wird, ist es gar nicht nötig und angemessen, sämtliche Tools außer Betrieb zu setzen und abzuschaffen. Das wäre ein falsches und schlechtes Signal, denn der wirkliche Nutzen eines Wikis besteht darin, andere Tools wieder ihrer eigentlichen Bestimmung und einer wirklich angemessenen Nutzung zuzuführen. Hier zwei Beispiele dafür, wie ein Wiki mit anderen Tools koexistieren kann, und zwar im positiven Sinne:
Wikis und E-Mails
Wenn Sie Meeting-Agendas immer per E-Mail herumgeschickt haben, setzen Sie diese nun ins Wiki und Sie reduzieren die E-Mails mit Wünschen nach der zeitraubenden Integration von Änderungen oder zusätzlichen Themen in die Agenda. Steht diese nämlich im Wiki, können andere Team-Mitglieder sie dort selbst anpassen und erweitern. Sie versenden lediglich eine E-Mail mit dem Link auf das Wiki-Dokument und reduzieren das E-Mail-Aufkommen im Zusammenhang mit dem Meeting auf eine einzige ausgehende Nachricht. Das bedeutet mehr Zeit für Sie und mehr Aufmerksamkeit durch die Mitarbeiter, deren Posteingänge weniger gefüllt sind.
Wikis und Content-Management-Systeme
Viele Unternehmen verwenden für Arbeiten an ihren Websites Content-Management-Systeme (CMS). Das CMS wird in der Regel von einer einzelnen Person oder höchstens einer sehr kleinen Personengruppe betreut. Das Fatale daran: Sie sind ständig mit Anfragen und Änderungswünschen überlastet und haben große Probleme, alle Anliegen zeitnah zu realisieren. Eine tolle Lösungsmöglichkeit besteht darin, die Website-Inhalte ins Wiki zu stellen und für jede Page der Website eine korrespondierende Wiki-Seite anzulegen. Nun können die Leute den Content jederzeit selbst verändern und brauchen dem Publishing-Team nur mitzuteilen, wenn sie fertig sind. Das reduziert die Arbeitsbelastung des CMS-Teams, die durch unzählige kleine Änderungen entstanden ist, drastisch (nicht zu vergessen das Hin- und Herschicken von E-Mails, um den Content überhaupt erst zu bekommen, um Unklarheiten zu beseitigen etc.). Die aktualisierten Inhalte werden nun komplett und an einem Stück in die Website integriert.
Dies sind zwei Beispiele von vielen, die zeigen, wie die Einbindung eines Wikis in die Unternehmens-Infrastruktur funktioniert. Ein Wiki ersetzt andere Anwendungen nicht notwendigerweise, aber es macht die Arbeit mit anderen Tools deutlich effizienter.
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