Wenn ich Unternehmen in Sachen Wikis berate, werde ich immer wieder damit konfrontiert, dass Mitarbeiter insbesondere vor einem Apekt zurückschrecken: der Preisgabe ihres Wissens im Wiki.
Die Angst davor, Wissen zu teilen, hat auf den ersten Blick nachvollziehbare Gründe: Mitarbeiter befürchten, dass ihr eigener „Marktwert“ sinkt, dass sie vom Unternehmen als weniger wertvoll wahrgenommen werden, dass sie zu einer austauschbaren Ressource werden, wenn sie ihr Expertenwissen anderen zur Verfügung stellen.
Dabei sind diese Befürchtungen leicht zu zerstreuen, denn genau das Gegenteil ist der Fall. Aus langjähriger Erfahrung weiß ich: Je mehr Wissen eine Person per Wiki teilt, desto mehr Wert gewinnt sie für das Unternehmen. Lassen Sie mich das erklären.
Ein Fachmann, der im Unternehmen nicht als solcher wahrgenommen wird, weil kaum ein Kollege seine Expertise kennt, ist letztlich angreifbar. Erst wer sein Wissen teilt, sorgt dafür, dass sein Wert anderen Mitarbeitern im Unternehmen bekannt wird. Erst dadurch wissen Kollegen, dass er Experte auf einem bestimmten Gebiet und bei spezifischen Fragen der geeignete Partner für eine Zusammenarbeit ist. Und das spricht sich natürlich im Unternehmen herum. Die Folge ist eine breite und wachsende Wertschätzung des Expertenwissens quer durch das Unternehmen.
Wenn es einem Ihrer Mitarbeiter offenbar tatsächlich nicht geheuer ist, sein Wissen anderen zur Verfügung zu stellen, schlage ich Folgendes vor: Ermutigen Sie ihn, zunächst einen geringen Teil seines Know-hows, sagen wir fünf Prozent, ins Wiki zu stellen. Mit ziemlicher Sicherheit wird er eine Kettenreaktion beobachten können: Er veröffentlicht Teile seines Wissens, mehr Leute werden das Wiki nutzen, um zusätzliches Wissen zu erwerben, mehr Mitarbeiter werden sich an diesen Kollegen als Experten wenden, mehr Projekte werden von seiner Expertise profitieren. Tatsächlich steigt also sein Wert und seine Attraktivität für das Unternehmen.
Und nicht nur das. Auch der Mitarbeiter selbst zieht signifikanten Nutzen daraus, denn parallel zur ersten erfolgt eine zweite Reaktion: Er legt sein Wissen im Wiki ab, er erhält weniger fachliche Fragen von Kollegen per E-Mail, da sein Know-how ja zentral abrufbar ist, er vergeudet somit auch weniger Zeit für das aufwändige Bearbeiten von Fachproblemen per E-Mail und kann sich demenstprechend stärker in Projekten engagieren (und sein Wissen in diesen wiederum kontinuierlich auszubauen). Kommunizieren Sie diesen Effekt Ihrem Mitarbeiter: Er wird dank seiner Wiki-Aktivitäten also produktiver und damit wertvoller für das Unternehmen als zuvor.
Es ist verständlich, dass manche Leute neuen Technologien und Kommunikationsformen zunächst mit etwas Argwohn begegnen. Ebenso ist es in Ordnung, wenn sich jemand Gedanken macht und befürchtet, an Wert zu verlieren, wenn er sein Wissen preisgibt. Die Wiki-Realität sieht jedoch ganz anders aus. Von der aktiven Beteiligung profitierten das Unternehmen, die Kollegen und der Mitarbeiter gleichermaßen.