Wir brauchen eine neue Baseline für Agilität – T4AT 2024

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Vom Jazz zur Bürokratie: Wie Agilität ihren Groove verlor

Agilität war mal wie eine Jazz-Session: chaotisch, lebendig, direkt verbunden mit dem Publikum. Ein Team, ein Produkt, direkter Draht zum Kunden – so fühlte sich Zusammenarbeit früher an, erinnert sich Stefan Roock.
Heute dagegen? Viele agile Setups ähneln eher einem Verwaltungs-Konzert: sauber orchestriert, voller Gremien, Prozesse und Koordinationsrunden. Und das Schlimmste daran – man nennt es immer noch „agil“.
Auf der T4AT 2024 zeigt Stefan Roock von it-agile, warum wir eine neue Baseline brauchen: für echte Zusammenarbeit jenseits von Framework-Dogmen. Viele agile Organisationen erinnern ihn inzwischen eher an eine „Behörde für Agilität“.

Von der Improband zur Prozessabteilung

Früher war Agilität wild, direkt, wirksam. Ein Team, ein Produkt, unmittelbares Feedback vom Kunden. Klar ging auch mal was schief, aber der Impact war direkt messbar. Heute dagegen? In vielen Organisationen fühlt sich Agilität inzwischen an wie Verwaltung pur. Es wird geplant, synchronisiert, abgestimmt – aber für den Kunden bringt das oft kaum spürbaren Mehrwert.
Ein zentrales Problem ist: Die meisten agilen Frameworks wie SAFe, LeSS oder Nexus wurden nachträglich über eine Realität gestülpt, die im Kern nicht mehr dem agilen Manifest entspricht. Denn damals ging es um einfache Setups: Ein Team, ein Produkt, direkter Draht zum Kunden. Heute dagegen arbeiten viele Unternehmen mit Dutzenden von Teams an gemeinsamen Wertströmen.

Warum wir Agilität neu denken müssen

Stefan bringt es auf den Punkt: Was früher der Ausnahmefall war, ist heute die Norm. Multi-Team-Arbeit ist Standard. Trotzdem behandeln wir sie noch immer wie einen Spezialfall. Dabei scheitert echte Zusammenarbeit zwischen Teams oft daran, dass es keine gemeinsame Struktur, keine übergreifende Ausrichtung gibt – oder sie durch zu viele Abhängigkeiten ausgebremst wird.
Eine seiner Kernaussagen: Wir brauchen eine neue Baseline. Nicht zwingend ein neues Framework, sondern ein Prinzipien-Set, das sich zwischen den starren Vorgaben eines SAFe und den allgemeinen Ideen des agilen Manifests bewegt. Und vielleicht brauchen wir sogar einen neuen Namen für diese Art des Zusammenarbeitens, weil das Wort "agil" in vielen Kontexten zu leer geworden ist.

Drei zentrale Fragen für deine Organisation

Stefan stellt den Teilnehmenden eine Mini-Selbsteinschätzung zur aktuellen Situation. Drei der zentralen Fragen daraus:

1. Kann ein Team alleine eine Business-relevante Funktionalität liefern?
2. Können mehrere Teams gemeinsam innerhalb von 2 bis 3 Sprints etwas relevantes live bringen?
3. Werden Teamstrukturen oder Formen der Zusammenarbeit regelmäßig hinterfragt – und angepasst?

Die Antworten aus dem Publikum bestätigen Stefans These: Echte Agilität bleibt oft an Teamgrenzen hängen. Der "Flow" bricht, sobald mehrere Teams ins Spiel kommen.

Was tun? Raus aus dem Behördensumpf

Die vorgestellten Ideen sind radikal pragmatisch:

Wertstrom statt Organigramm: Teams entlang der Customer Journey bilden – nicht nach Abteilungen.
Feature Slicing statt Großpakete: Wenn ein Feature von mehreren Teams gleichzeitig bearbeitet werden kann, sinkt die Durchlaufzeit deutlich.
Work in Progress reduzieren: Weniger parallel anfangen, mehr fokussiert zu Ende bringen. Klingt simpel, wird aber selten gelebt.
Koordination ernst nehmen: "Scrum-of-Scrums" und enge Abstimmungen sind kein Overhead, sondern notwendige Brücken zwischen den Teams.
Technische Praktiken nicht vergessen: Continuous Integration, Mocking, Testing – ohne gutes technisches Fundament scheitert jede parallele Umsetzung.

Mission-Teams als neue Idee

Ein besonders spannender Impuls ist die Idee von Mission-Teams. Das sind temporär zusammengestellte Teams, die für 3 bis 6 Monate ein klar umrissenes Ziel verfolgen und danach wieder in ihre Stammteams zurückkehren. Stefan betont: Ja, das klingt nach Projekt. Aber es ist im besten Sinne genau das: Fokussiert, cross-funktional, eigenverantwortlich. Und damit eine mögliche Antwort auf die strategische Lähmung vieler Dauer-Teams.

Was bleibt? Ein Aufruf zum mutigen Hinterfragen

Stefans Vortrag endet nicht mit einer einfachen Antwort, sondern mit einer Einladung: sich wieder die richtigen Fragen zu stellen. Was verstehen wir heute wirklich unter Agilität? Wie arbeiten unsere Teams zusammen – und wo stehen Strukturen und Prozesse dem Flow im Weg?

Vielleicht ist der erste Schritt zurück zu echter Wirksamkeit kein neues Framework und kein skalierter Prozess. Sondern der Mut, liebgewonnene Konzepte loszulassen. Die Bereitschaft, Strukturen der Arbeit und nicht andersherum anzupassen. Und der Wille, sich vom reinen Agilitätslabel zu lösen – hin zu echter, wirksamer Zusammenarbeit.

Denn genau darum geht es: weniger „agil sein“, mehr Wirkung erzielen.

Wenn du spürst, dass es Zeit ist für mehr Wirkung statt Etikett – dann klick dich in Stefans Vortrag rein:

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